<img alt="" src="https://secure.diet3dart.com/219995.png" style="display:none;"> Ein Produkt ist nicht innovativ, nur weil es 3D gedruckt ist. | Neuigkeiten | 3YOURMIND

Ein Produkt ist nicht innovativ, nur weil es 3D gedruckt ist.

Interview Alana Di Filippo | 01.06.2016 | 6 min read

Die 3D-Druck Branche ist in diesen Tagen in aller Munde. Wir haben uns mit Arno Held, Development Manager bei AM Ventures, über die Vor- und Nachteile der additiven Fertigung in der Industrie zu unterhalten. Lesen Sie mehr mehr über die Chancen der generativen Fertigung sowie potentieller Businessmodelle für Start-Ups.

1) Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Vorteile, die 3D Druck den Anwendern bringt?

Da kommt mir als Erstes die Losgröße - oder auch Fertigungsmenge - in den Sinn. Man kann komplett individualisierte Produkte herstellen, denn der Maschine ist es egal, ob sie tausend identische oder verschiedene Teile herstellt. So kann man ganz neue Produktklassen oder Produkte generieren, beispielsweise Brillen oder Zahnkäppchen. Ein weiterer wichtiger Vorteil ist die Möglichkeit der Herstellung von hohlen Bauteilen mit sehr komplexen Geometrien. Hohle Bauteile sind zum Teil bis zu 95% leichter. Dieser Vorteil kommt vor allem bei der Fertigung von Flugzeugkomponenten zum Tragen. Es gibt es eine Faustregel:  Ein Kilogramm eingesparte Masse am Flugzeug sparen im Gegenzug einige Zehntausend Doller an Treibstoff ein. Mit einem leichteren Bauteil benötige ich nicht nur weniger Energie, um es zu bewegen, sondern ich kann es auch schneller bewegen. Bei Automatisierungsstraßen ist das beispielsweise der Fall - wenn ich einen Greifer dreimal schneller bewegen kann, bedeutet das, ich kann in der gleichen Zeit dreimal so viele Produkte durch meine Produktionsstraße schleusen. Die daraus resultierenden Effizienzsteigerungen sind vor allem für große Unternehmen sehr interessant. Der letzte Vorteil liegt in der Funktionsintegration und komplexen Designs. Alles, was ich mithilfe eines CAD-Programms unter Beachtung der Designregeln gestalten kann, kann ich am Ende auch generativ fertigen. Zum Beispiel fertig montierte Scharniere, die mit konventioneller Fertigung hinterher nochmal montiert werden müssten - die kann man auch einfach so ausdrucken und sie funktionieren sofort. Das reduziert Fertigungsschritte und somit auch die Herstellkosten.

2) In welchen Bereichen wird 3D Druck gegenwärtig am meisten eingesetzt und wie entwickelt sich dies in den nächsten Jahren?

Hier muss man zwischen Consumer Technologien und industriellen Technologien unterscheiden. In der industriellen Technologie hat das Rapid Prototyping einen ganz großen Anteil, sprich Prototypen für die Produktentwicklung zu produzieren. Die Automobilbauindustrie ist ganz vorne mit dabei. Bei EOS sind die stärksten Manufacturing Anwendungen in der Luft- und Raumfahrt sowie in der Medizintechnik zu finden. Beispielsweise Implantate, Zahnersatz, chirurgische Bohrschablonen und in der Luft- und Raumfahrt Turbinenbauteile oder Inneneinrichtungen von Verkehrsflugzeugen. Diese Anwendungen sind heute schon sehr erfolgreich. Ich bin davon überzeugt, dass der Markt dafür auch sehr stark weiter wachsen wird. Zurzeit wird aber vor allem die Konsumgüterindustrie auf 3D-Druck aufmerksam - Nike hat vor kurzem einen Spikeschuh aus dem 3D-Drucker für die Olympischen Spiele in Rio vorgestellt, Adidas bemüht sich stark um das Fertigen von Sohlen und New Balance hat ebenfalls eine Case Study veröffentlicht. Mittlerweile hat die Technologie  so viel Produktivität und Reife entwickelt, dass es sich auch kostentechnisch lohnt, End-Use Produkte im Consumer Bereich zu produzieren. Vor zwei oder drei Jahren war das noch reine Utopie.

3) Welche Industrien werden wohl in den nächste Jahren neu erschlossen, die heute 3D Druck noch nicht oder nur wenig einsetzen?

Es gibt ein paar interessante Anwendungen im Consumer Bereich, wie oben bereits erwähnt. In der Antriebs- und Energietechnik gibt es immer wieder spannende Anwendungsfälle, beispielsweise von großen Gasturbinenherstellern. Schlussendlich hängt jedoch alles zusammen mit den Werkstoffen, von denen immer mehr entwickelt werden. Für Luft- und Raumfahrt sind Hochtemperaturwerkstoffe sehr interessant. Je höher der Schmelzpunkt meines generativ verwendeten Materials ist, desto mehr Teile aus der Turbine kann ich generativ bauen. Folglich kann ich die Turbine durch Massenoptimierung effizienter gestalten.

4) Was würden Sie Unternehmen raten, die noch nicht viel Erfahrung mit 3D Druck haben? Wie sollten diese das Thema angehen?

Am wichtigsten ist es, dass man die Technologie so früh wie möglich in die Produktentwicklung mit einbringt. Ein Produkt ist nicht innovativ, nur weil es 3D gedruckt ist. Man muss sich sehr intensiv mit der Technologie beschäftigen. Um den größtmöglichen Nutzen zu erzielen, muss man spezielle Produkte für diese Anwendung entwickeln. Man muss die Produkte für die Technologie gestalten, nicht etwa andersherum. Den größten Fehler, den ein Unternehmen machen kann, ist auf den 3D-Druck Zug aufzuspringen, nur weil es gerade Trend ist. Insbesondere für Start Ups sehe ich hier große Chancen, da diese noch die Zeit haben, sich das ganze Know-How anzueignen und die Produktion danach auszurichten. Hier sind die Großkonzerne im Nachteil, da sie nicht so flexibel sein können und bereits etablierte Produktgestaltungsprozesse haben. Sie müssen auf Start Ups zurückgreifen, da sie sehen, dass sich die jungen Unternehmen damit deutlich leichter tun.

5) Für welche Bereiche im 3D Druck Umfeld interessiert sich AM Ventures? Wo sehen Sie persönlich gute Potentiale für Startups?

Unser Fokus liegt auf industrieller generativer Fertigung. Vor allem Hardware, Software und neue Werkstoffe oder Anwendungen interessieren uns. Produkte, die speziell für die Technologie designt werden, sind für uns natürlich besonders spannend - in allen möglichen Zielindustrien. Für Start Ups ist die Software ein spannendes Thema, da dieses immer skaliert und man somit mit Start Up Methoden am schnellsten sehr weit kommt. Wenn man ein gutes Expertenteam zusammenstellen kann, bestehen hohe Potentiale in der Materialentwicklung. Der zukünftige Erfolg der Technologie hängt vom Materialportfolio des Unternehmens ab. Das Entwickeln von neuen Werkstoffen erschließt automatisch neue Anwendungsfelder.

6) Wie ist eure Investment-Strategie? In welchem Stadium sollten sich Startups befinden?

Wir investieren sehr gründerfreundlich. Wir sind davon überzeugt, dass die Mehrheit der Anteile in Gründerhand sein muss, um die Langzeitmotivation aufrecht zu erhalten. Bei den Start Ups versuchen wir alle zwei Wochen persönlich vor Ort zu sein und wirklich aktiv daran mitzuarbeiten. In der Regel kennen wir das ganze Unternehmen in- und auswendig. Das unterscheidet uns massiv von klassischen VC-Investoren. Wir bringen ein ausgezeichnetes Netzwerk mit und können Start Ups damit sehr gut unter die Arme greifen. Das Arms-Lenght-Prinzip ist uns besonders wichtig. Jedes Unternehmen muss für sich erfolgreich sein, wir wollen keine künstlichen Konditionen zwischen den einzelnen Unternehmen schaffen. Wir bemühen uns allerdings, Synergien zu erzeugen. Außerdem investieren wir langfristig in Tech-Unternehmen und denken nicht primär daran, dieses Unternehmen zu verkaufen. Es muss unser Netzwerk stärken und das Netzwerk muss das Unternehmen stärken. Wir wissen, wie viel Geduld man bei der Tech-Entwicklung haben muss, das ermöglicht uns viele Freiheiten. Somit fühlen sich die Start Ups bei uns in der Regel wohler als bei klassischen Venture Capitalisten.

In Sachen Investment sollte sich das Start Up in einem möglichst frühen Stadium befinden. Insgesamt haben wir in unserem Team über 60 jahre Erfahrung mit generativen und industriellen Manufacturing. Beispielsweise Håkan Pfeifer, der sich seit 25 Jahren mit industrieller Produktion beschäftigt oder Johann Oberhofer, der vor fast 30 Jahren EOS mitgegründet hat. Ich selbst habe mittlerweile auch fast 10 Jahre in der Industrie hinter mir, genau wie die anderen Teammitglieder. Vermutlich kennt sich kaum jemand so gut mit generativer Fertigung aus wie wir. Wenn also jemand frühphasig in Start Ups investiert, dann wir, da wir sehr gut beurteilen können ob die Technologie oder Geschäftsidee geeignet ist. Wir haben sehr viel Praxiserfahrung und daher auch eine gute Menschenkenntnis - und das ist schlussendlich das Wichtigste. Das Team ist alles. Wenn wir investieren, dann investieren wir im Team.

7) Wenn Sie heute ein Unternehmen gründen würden - was wären Ihre ersten Schritte und was würde das Unternehmen machen?

Ich wäre aufgrund meines Hintergrunds im Maschinenbau wahrscheinlich eher in der Hardware unterwegs. Ich würde mir seine sehr interessante Anwendung in der generativen Fertigung suchen sowie einen Pilotkunden, der mir konstant die Marktrelevanz bestätigt. Mit einem existierenden Kunden lässt es sich deutlich besser starten und es erleichtert die Akquise von Investitionen. Es gibt zurzeit sehr viele Unternehmen, die jemanden suchen der für sie die Arbeit macht. Anschließend würde ich mir ein gutes Team suchen, denn das Team ist einfach alles. Ich bin außerdem ein großer Freund davon, gemeinsam mit Freunden etwas zu gründen. Menschen, die sich ausschließlich auf professioneller Ebene kennenlernen und zusammen ein Projekt hochziehen, halten in der Regel weniger zusammen. Ich bin kein extrem rationaler Mensch, mir ist es wichtig, dass ich die Leute mag mit denen ich arbeite. Professionelle Distanz ist nichts für mich. Um wirklich Erfolg zu haben, müssen das Team und eine interessante Anwendung mit Marktpotential stehen. Viele Start Ups haben oftmals das Problem, dass sie etwas komplett am Markt vorbei entwickeln oder das Produkt von den Kunden nicht verstanden und gekauft wird.  

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Arno Held arbeitet als Investment Manager bei AM Ventures und ist dort Experte für Förderung und das Wachstum von Unternehmen in der 3D-Druck Branche. Zuvor arbeitete Held für die EOS GmbH als Business Development Manager.

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